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Sport und Spaß

Dass Sport in der Schu­le in ers­ter Linie Spaß machen soll, ist inzwi­schen gesell­schaft­li­cher Grund­kon­sens, ist aber – wie jeder weiß, der sel­ber regel­mä­ßig Sport betreibt – in die­ser Ver­kür­zung schlicht­weg falsch. 

An ers­ter Stel­le ist da natür­lich Kraft­trai­ning zu nen­nen. Jeder, der sel­ber regel­mä­ßig Lie­ge­stüt­ze,  Crun­ches (You­Tube) oder Übun­gen an Gerä­ten macht, weiß wie­viel Über­win­dung das jedes Mal kos­tet. Es beißt, es zwickt, die Mus­kel bren­nen oder zit­tern sogar – von Spaß kei­ne Spur. Schön sind ein­zig und allein die FOLGEN des Trai­nings wie bes­se­res Kör­per­ge­fühl, ein flacher(er) Bauch, weni­ger Mus­kel­ka­ter nach Belas­tung, weni­ger Rücken­schmer­zen etc. Selbst gut trai­nier­ten Leu­ten macht Kraft­trai­ning nur in den sel­tens­ten Fäl­len Spaß, um wie­viel weni­ger noch den völ­lig untrai­nier­ten, oft über­ge­wich­ti­gen „couch pota­toes“ (man weiß inzwi­schen ja auch, dass moto­ri­sche Defi­zi­te oft eine direk­te Fol­ge man­geln­der Kraft sind), mit denen wir es heu­te immer öfter zu tun haben. Es ist wider­sin­ning auf der einen Sei­te vom schu­li­schen Sport­un­ter­richt zu ver­lan­gen, dass er effek­tiv etwas gegen all die „mus­ku­lä­ren Dys­ba­lan­cen“, Hal­tungs­schä­den und Mus­kel­schwä­chen unter­nimmt und gleich­zei­tig zu for­dern, dass das den Schü­lern aber unbe­dingt Spaß machen müss­te. Ein sehr guter Trai­ner in mei­nem Stu­dio sagt immer, dass Kraft­trai­ning nichts taugt, wenn man nicht min­des­tens ein­mal pro Stun­de den Trai­ner aus tiefs­tem Her­zen hasst. Erst dann näm­lich hat man sei­ne „com­fort zone“ ver­las­sen und belas­tet sei­ne Mus­ku­la­tur ange­mes­sen. Has­sen sol­len mich mei­ne Schü­ler natür­lich nicht gleich, aber ich erwar­te halt auch nicht, dass ihnen das Trai­ning Spaß macht.

Doch auch „rein“ koor­di­na­ti­ve Sachen wie z.B. Jon­glie­ren machen (zumin­dest am Anfang) meis­tens über­haupt kei­nen Spaß. Die blö­den Bäl­le machen was sie wol­len und flie­gen ein­fach irgend­wo­hin. Die Grund­form mit drei Bäl­len, die sog. „Kas­ka­de“ (You­Tube) liegt in wei­ter Fer­ne und viel Geduld und aus­dau­ern­des Üben ist erfor­der­lich um sie irgend­wann mal flüs­sig jon­glie­ren zu können.

Am wenigs­ten Spaß macht es aber natür­lich, wenn man sich bei einer Bewe­gung blöd fühlt und sie als pein­lich emp­fin­det. Das ist regel­mä­ßig der Fall, wenn sich Jun­gen z.B. in einer 9ten Klas­se das ers­te Mal zu Musik bewe­gen sol­len. Sie mer­ken, dass sie nicht ein­mal einen simp­len step – touch (You­Tube) hin­krie­gen, im schlimms­ten Fall kön­nen sie nicht mal im Tem­po der Musik auf der Stel­le gehen. Beson­ders hart ist es für die Sport­cracks, die sonst alles auf Anhieb kön­nen, aber sich jetzt plötz­lich dumm anstel­len. Wie frus­trie­rend, wenn nun ein sonst viel schlech­te­rer Mit­schü­ler die Musik mühe­los in Bewe­gung umset­zen kann. Kein Wun­der, wenn ein all­ge­mei­nes Geme­cke­re und Gemau­le über die­sen „wei­bi­schen Mist“ anhebt (die, denen es gefällt, trau­en sich natür­lich nicht dage­gen­zu­hal­ten). Gera­de die Müt­ter ste­cken bei allem was Musik angeht in einem Dilem­ma. Einer­seits geben die meis­ten zu ihr Leben lang dar­un­ter gelit­ten zu haben (bzw. immer noch zu lei­den), dass die meis­ten Män­ner (bzw. ihr Mann) grob­mo­to­ri­sche Tanz­muf­fel sind, auf der ande­ren Sei­te kön­nen sie es nicht mit anse­hen, dass ihr armer Bub gezwun­gen wird ein paar Grund­ele­men­te zu ler­nen, wo es ihm doch über­haupts gar kei­nen Spaß macht.

Ganz all­ge­mein macht einem etwas m.E. erst dann Spaß, wenn ich es zumin­dest auf einem ange­mes­se­nen Niveau beherr­sche – das gilt natür­lich auch für die ach so belieb­ten Ball­spie­le. Wenn ich im Bas­ket­ball nie einen Korb erzie­le, im Fuß­ball den Ball nicht tref­fe oder nie dort hin­be­kom­me, wo ich ihn hin­ha­ben will und im Vol­ley­ball jede zwei­te Anga­be im Netz ver­sen­ke oder an die Decke knal­le, wer­de ich kei­nen Spaß haben. Und das „stu­pi­de“ Üben der ent­spre­chen­den Tech­ni­ken wird auch kei­nen gro­ßen Spaß machen. Aber ohne Fleiß kein Spaß.

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  1. Sabine

    Dazu fällt mir die­se schö­ne Post­kar­te ein, die bei mir auf dem Kla­vier steht (auch Mus­keln, wenn auch nur klei­ne, und eher für die Hirn­fit­ness von Belang):

    http://www.butlers.de/shop/media/images/info/10189151.jpg

    Ich fin­de die moti­vie­rend. Der ech­te Spaß beginnt für mich da, wo man den Fleiß selbst als befrie­di­gend emp­fin­den kann, weil man die Erfah­rung gemacht hat, dass er zu außer­or­dent­lich befrie­di­gen­dem Kön­nen führt. Für ande­re beginnt aber der Spaß da, wo sie bes­ser als die ande­ren sein kön­nen. Das stel­le ich mir für den Schul­sport­un­ter­richt als schwie­ri­ges Dilem­ma vor – die Leis­tung des Com­pu­ter­nerds, der stolz 20 Lie­ge­stüt­zen geschafft hat, glei­cher­ma­ßen zu wür­di­gen wie die des Sport­cracks, der mehr Lie­ge­stüt­zen als alle ande­ren zusam­men macht.

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