War­um ver­läuft Grup­pen­ar­beit oft so ent­täu­schend und war­um sind die Ergeb­nis­se häu­fig / meis­tens (?) deut­lich schlech­ter, als wenn die Schü­ler allei­ne oder zumin­dest paar­wei­se gear­bei­tet hätten? 

Ein bekann­ter Kal­au­ser erklärt die­ses Phä­no­men damit, dass „Team“ in Wirk­lich­keit für „Toll, ein ande­rer macht’s“ steht. In Rolf Dobel­lis höchst inter­es­san­ten Buch „Die Kunst des kla­ren Den­kens“ (S. 137 ff.) bin ich vor kur­zem auf den Begriff „Social Loa­fing“ gestoßen:

In the social psy­cho­lo­gy of groups, social loa­fing is the phe­no­me­non of peo­p­le exer­ting less effort to achie­ve a goal when they work in a group than when they work alo­ne. This is seen as one of the main reasons groups are some­ti­mes less pro­duc­ti­ve than the com­bi­ned per­for­mance of their mem­bers working as indi­vi­du­als […] (Wiki­pe­dia)

Vor allem gute Schü­ler blei­ben oft weit unter ihren Mög­lich­kei­ten, sobald sie gezwun­gen wer­den mit schlech­te­ren bzw. fau­len weni­ger moti­vier­ten Mit­schü­lern zusammenzu„arbeiten“. Erklä­ren kann man die­ses Ver­hal­ten mit dem sog. „sucker effect“:

Peo­p­le feel that others in the group will lea­ve them to do all work while they take the cre­dit. Becau­se peo­p­le do not want to feel like the „sucker,“ so they wait to see how much effort others will put into a group befo­re they put any in. If all the mem­bers try to avo­id being the sucker, then everyone’s effort will be signi­fi­cant­ly less than it would be if all of them were working as hard as they could.

Bekannt­lich gibt es trotz­dem bei Grup­pen­ar­bei­ten über­wie­gend gute Noten. Wor­an liegt das? Ganz ein­fach, für den Leh­rer ist es schlicht unmög­lich her­aus­zu­fin­den, wer wann wie­viel zum End­ergeb­nis bei­getra­gen hat (auch wenn bestimm­te Herr­schaf­ten hin­ter minis­te­ri­el­len Schreib­ti­schen genau das ver­lan­gen und Pau­schal­no­ten für die gan­ze Grup­pe ver­bie­ten). Es ist ein­fach lächer­lich, sich wäh­rend der Stun­de ein paar Minu­ten zu einer Grup­pe zu set­zen und danach zu behaup­ten indi­vi­du­el­le Noten objek­tiv begrün­den zu kön­nen. Gera­de die schwa­chen Kan­di­da­ten wer­den in die­sen Momen­ten eine Schein­ak­ti­vi­tät an den Tag legen, die dem sons­ti­gen Ver­lauf der Gruppen„arbeit“ über­haupt nicht ent­spricht. Voll­ends unbe­not­bar wird das Gan­ze, wenn die Grup­pen­ar­beit außer­halb der Schu­le in der Frei­zeit erstellt wird. Da Leh­rer sich die­ser wacke­li­gen Beno­tungs­ba­sis bewusst sind, gehen sie Pro­ble­men / Beschwer­den sinn­vol­ler­wei­se aus dem Weg, indem sie meis­tens nur Note 3 und auf­wärts ver­ge­ben. Nach kur­zer Zeit haben die Schü­ler die­ses Pro­ze­de­re durch­schaut und inves­tie­ren infol­ge­des­sen beim nächs­ten Mal noch weni­ger Arbeit.

Wie Grup­pen­ar­beit in Wirk­lich­keit meis­tens abläuft, kann man sehr schön bei jeder Leh­rer­fort­bil­dung beob­ach­ten. Nach­dem man sich unter all­ge­mei­nem Gegrum­mel und Augen­ver­dre­hen in Grup­pen zusam­men­ge­fun­den hat, hat man meis­tens sehr schnell her­aus­ge­fun­den, wer von der Mate­rie Ahnung hat. Den / die lässt man dann unter zustim­men­dem Nicken die Arbeit mög­lichst unge­stört machen, wobei man aller­dings immer den Auf­ent­halt des Lei­ters im Auge behal­ten soll­te, um recht­zei­tig eine eif­ri­ge Dis­kus­si­on anzu­fan­gen, sobald er in die Nähe kommt. Päd­ago­gisch ganz aus­ge­fuchs­te Fort­bil­dungs­lei­ter bzw. Leh­rer kün­di­gen vor­her an, dass SIE bestim­men wer­den, wer die Ergeb­nis­se spä­ter vor­tra­gen muss, damit sicher­ge­stellt ist, dass sich alle die Ergeb­nis­se, die der Bes­te (bzw. die weni­gen, die Ahnung haben) erar­bei­tet hat / haben, wenigs­tens ange­hört haben.