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Schüleraktivierende Korrektur

Im Fol­gen­den beschrei­be ich, wie ich län­ge­re Tex­te „ana­log“ (= auf Papier) kor­ri­gie­re. Die digi­ta­le Kor­re­kur von Auf­sät­zen beschrei­be ich in die­sem Bei­trag.

Kon­ven­tio­nel­les Kor­ri­gie­ren von Haus­auf­ga­ben (vor allem Auf­sät­zen) ist mei­ner Mei­nung nach eine weit­ge­hend sinn­lo­se Tätig­keit. Viel­leicht hast DU ja Schü­ler, die sich die kor­ri­gier­te Haus­auf­ga­be zu Hau­se sorg­fäl­tig anschau­en und ver­su­chen aus ihren Feh­lern zu ler­nen – schön für dich. Die meis­ten mei­ner Schü­ler machen das NICHT. 

Sie neh­men ihre Haus­auf­ga­be in Emp­fang, wer­fen (falls über­haupt) einen kur­zen Blick dar­auf und las­sen sie auf Nim­mer­wie­der­se­hen im all­ge­mei­nen Cha­os ihres Ord­ners bzw. ihrer Sam­mel­map­pe ver­schwin­den. Zu Beginn mei­ner Pau­ke­rei habe ich die „Wirk­sam­keit“ mei­ner Kor­rek­tu­ren stich­pro­ben­ar­tig über­prüft. Wäh­rend der Kor­rek­tur habe ich mir Noti­zen gemacht, WAS ich bei den ein­zel­nen Schü­lern kor­ri­giert habe. Um die Auf­merk­sam­keit auf die gra­vie­rends­ten Feh­ler zu len­ken, habe ich die ent­spre­chen­den Feh­ler mit einem Aus­ru­fe­zei­chen mar­kiert. Bei mei­nen Stich­pro­ben habe ich dann aus­schließ­lich die­se beson­ders mar­kier­ten Feh­ler über­prüft. Das Ergeb­nis war – man ahnt es – niederschmetternd.

Nach diver­sen Expe­ri­men­ten (u.a. mit Feh­ler­lis­ten) bin ich dann bei mei­ner Über­ar­bei­tungs-Metho­de gelan­det, der ich bis heu­te treu geblie­ben bin. Die Grund­an­nah­me ist dabei, dass ein Lern­ef­fekt nur ein­tritt, wenn sich der Schü­ler AKTIV mit sei­nem Feh­ler beschäf­ti­gen muss, es han­delt sich also um eine „schü­ler­ak­ti­vie­ren­de“ Metho­de. Kon­ven­tio­nel­les „posi­ti­ves“ Kor­ri­gie­ren ist hin­ge­gen m.E. „schü­ler­PAS­SI­VIE­REND“, er liest ledig­lich (falls über­haupt) und soll sich das Gele­se­ne mer­ken. Je nach­dem wie aktiv der Schü­ler wer­den muss, gibt es eine „light“ und eine „hard­core“ Variante.

Revision „light“

Vor­aus­set­zung für die­se Metho­de ist ledig­lich, dass Schü­ler ihre Tex­te tip­pen und ordent­lich for­ma­tie­ren (odt). Die Schü­ler üben eine z.B. in Hin­blick auf die Semi­nar­ar­beit wich­ti­ge Fähig­keit Kom­pe­tenz und DU kannst alle Tex­te pro­blem­los lesen und musst dich nicht durch unle­ser­li­ches Geschmot­zel kämpfen.

Du kor­ri­gierst „ganz nor­mal“ posi­tiv, streichst also Fal­sches durch und schreibst das Rich­ti­ge drü­ber. Außer­dem unter­rin­gelst du z.B. unge­schick­te For­mu­lie­run­gen und schreibst die bes­se­re drü­ber bzw. dane­ben. Als Haus­auf­ga­be müs­sen die Schü­ler ihren Text über­ar­bei­ten, ihre Feh­ler kor­ri­gie­ren, dei­ne Ver­bes­se­rungs­vor­schlä­ge in ihren Text ein­ar­bei­ten, zum Schluss ihren Text neu dru­cken und (zusam­men mit der alten Ver­si­on) in der nächs­ten Stun­de mit­brin­gen. Eine ent­spre­chen­de Anlei­tung für dei­ne Schü­ler gibt es hier. Du sam­melst die bei­den Ver­sio­nen ein, legst sie zuhau­se neben­ein­an­der und über­prüfst, ob der Schü­ler sorg­fäl­tig gear­bei­tet hat (hat er nor­ma­ler­wei­se nicht). Wenn er zu sehr  geschlampt hat, bekommt er den glei­chen Auf­trag noch­mal: If at first you don’t succeed …

Revision „hardcore“

Bei die­ser Vari­an­te muss der Schü­ler bei ein­fa­chen Feh­lern sel­ber her­aus­fin­den, was falsch ist. Die Details sind hier erläu­tert, das Gan­ze ver­stehst du anhand eines Bei­spiels (zip) bes­ser. Eine Unter­strei­chung weist auf einen Feh­ler hin. Falls kei­ne wei­te­ren Infor­ma­tio­nen (wie w, gr, syn etc.) hin­zu­kom­men, han­delt es sich meis­tens um einen Recht­schreib­feh­ler. Je bes­ser ein Schü­ler ist, des­to weni­ger Zusatz­in­for­ma­tio­nen bekommt er, je schlech­ter er ist, des­to mehr hel­fe ich ihm den Feh­ler zu erken­nen und zu verbessern.

Nachteile

Der gro­ße Nach­teil die­ser Metho­de ist, dass sie sehr arbeits­auf­wän­dig ist. Wenn ich kon­ven­tio­nell kor­ri­gie­re, sit­ze ich EINMAL ein paar Stun­den da und das war’s dann. Bei mei­ner Metho­de ist bereits die eigent­li­che „Kor­rek­tur“ meis­tens arbeits­auf­wän­di­ger, als wenn ich ein­fach die rich­ti­ge Lösung drü­ber­schrei­ben wür­de. Doch dann geht es ja noch wei­ter. Gera­de wenn ich eine Klas­se / einen Kurs neu über­neh­me und sie mei­ne Metho­de nicht ken­nen, ist das ers­te Mal meis­tens eine zähe Ange­le­gen­heit. Bei schlech­ten bzw. fau­len moti­va­tio­nal her­aus­ge­for­der­ten Schü­lern braucht es oft drei (oder mehr) „Durch­gän­ge“, bis ich eine akzep­ta­ble Ver­si­on bekom­me, und ich die gan­ze Sache mit „Done“ abschlie­ße. Hier sind gro­ße Hart­nä­ckig­keit und vor allem buch­hal­te­ri­sche Qua­li­tä­ten gefragt! Ich habe ein eige­nen Sym­bol­sys­tem ent­wi­ckelt, das mir jeder­zeit Aus­kunft dar­über gibt, von wem ich die Haus­auf­ga­be bereits ein­ge­sam­melt habe, von wem ich noch die über­ar­bei­te­te Ver­si­on bekom­me und bei wem das Gan­ze bereits abge­schlos­sen ist. Wenn dir solch peni­ble Auf­zeich­nun­gen zuwi­der sind, soll­test du die Fin­ger von die­ser Metho­de lassen.

Vorteile

Wenn sich die Sache aller­dings ein­ge­spielt hat und die Schü­ler erkannt haben, dass ich nicht locker las­se, funk­tio­niert es meis­tens her­vor­ra­gend. Wie so oft, muss man am Anfang Zeit und Ener­gie inves­tie­ren, um auf län­ge­re Sicht Zeit und Ener­gie zu spa­ren. Auch das weit­ge­hend posi­ti­ve Feed­back mei­ner Schü­ler (zuge­ge­ben oft mit erheb­li­cher zeit­li­cher Ver­zö­ge­rung z.B. bei Abitur­feie­ren oder noch spä­ter) bestä­tigt mir den Sinn die­ser gan­zen Arbeit.

Der päd­ago­gi­sche Vor­teil meh­re­rer Durch­gän­ge ist auf der ande­ren Sei­te z.B. bei der Kor­rek­tur eines Auf­sat­zes, dass man sich bei schlech­ten Schü­lern beim ers­ten Durch­gang auf die schlimms­ten how­ler kon­zen­trie­ren kann (z.B. kei­ne Ein­lei­tung, Haupt­teil über­haupt kei­ne Struk­tur etc.) und erst im zwei­ten Durch­gang z.B. sprach­li­che Feh­ler ver­bes­sern lässt. Dadurch kann man die Zahl der zu kor­ri­gie­ren­den Feh­ler auf ein ver­nünf­ti­ges Maß redu­zie­ren. Vie­le tra­di­tio­nell, „sorg­fäl­tig“ kor­ri­gier­ten Arbei­ten sind ja ein ein­zi­ges rotes Meer, manch­mal hat der Leh­rer fast genau­so viel geschrie­ben wie der Schü­ler. Da soll­te man sich nicht wun­dern, wenn Schü­ler kei­ne Lust haben, sich mit die­sem depri­mie­ren­den roten Dschun­gel zu beschäftigen.

Handgeschriebene Texte

Bei hand­ge­schrie­be­nen Tex­ten beschrän­ke ich mich im Nor­mal­fall dar­auf nur die Sät­ze, die Feh­ler ent­hal­ten, noch­mal neu schrei­ben zu las­sen. Gera­de wenn ein eigent­li­cher guter Text nur weni­ge Feh­ler ent­hält, wäre es unver­hält­nis­mä­ßig den gan­zen Text noch­mal neu schrei­ben zu las­sen. Anders schaut es aus, wenn der Text vie­le Feh­ler ent­hält, dann ist es sinn­voll /zumutbar, den gan­zen Text noch­mal schrei­ben zu las­sen. Dabei ist aller­dings zu beden­ken, dass bei uns in Bay­ern auch Auf­sät­ze in der Ober­stu­fe nur (lächer­li­che) „about 250 words“ umfas­sen. Bei einem deut­lich län­ge­ren Text wür­de ich grund­sätz­lich nur die feh­ler­haf­ten Pas­sa­gen / Sät­ze über­ar­bei­ten lassen. 

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  1. Stehl-Hofer, Sonja

    Wenn man wirk­lich errei­chen will, dass Schü­ler aus ihren Feh­lern ler­nen – und das soll­te man ja wohl – ist die­se unnach­gie­bi­ge Kon­se­quenz ein Muss! Aller­dings muss ich auch geste­hen, dass sie mich ver­dammt viel Kraft kos­tet und ich das nicht immer kon­se­quent durch­hal­te, vor allem dann nicht, wenn meh­re­re Kor­rek­tu­ren, Prü­fun­gen etc. anste­hen oder mei­ne eige­nen Kin­der auch mal wie­der inten­si­ve­re Hil­fe nötig haben.
    Mehr und mehr gehe ich dazu über, mei­nen Schü­lern die­sen arbeits­auf­wän­di­gen „Ser­vice“ anzu­bie­ten und im Zuge der Lern- und För­der­ge­sprä­che als Lern­ver­ein­ba­rung – sofern sie denn wol­len – ver­trag­lich fest­zu­hal­ten. In beson­ders leis­tungs­mo­to­vier­ten Klas­sen führt das dazu, dass ich stets einen Sta­pel frei­wil­lig abge­ge­be­ner Haus­auf­ga­ben mit nach Hau­se neh­me, die die Schü­ler nach dei­nem Revi­si­on-Prin­zip über­ar­bei­ten. Nach spä­tes­tens einem Jahr lie­gen die Real­schü­ler, die Durch­hal­te­vern­mö­gen bewei­sen, auf Gym­na­si­al­ni­veau – das moti­viert und spricht sich herum!
    Bes­te Grü­ße, Sonja

  2. Hiltrud Hartmann

    unglaub­lich moti­vier­te und moti­vie­ren­de Arbeit, Jochen! Die meis­ten Eng­lisch­leh­rer an der Deut­schen Schu­le Athen sind weder moti­viert noch wol­len sie moti­vie­ren, und ich hat­te schon den Glau­ben an Lehr­kräf­te in bzw, aus Deutsch­land ver­lo­ren. Wenn ein Enpaed­ler sich mal nach Athen ver­set­zen las­sen soll­te (wenn auch nur für 3 Jah­re), die Schü­ler und Eltern (und ich) wären sehr dankbar!

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